„Männer haben keine Geduld. Deshalb haben Sie
ja den Reisverschluss erfunden.“
Senta Berger
In den
Sommerferien verbrachten wir Ende Juli acht Tage in der Nähe der
deutsch-polnischen Grenze in Zinnowitz an der Ostsee, der ehemaligen Badewanne
Berlins. Eine schöne Gegend, unsere Reisezeit war aber falsch gewählt, denn die
„neuen“ Bundesländer hatten alle Sommerferien. Entsprechend viele Familien mit
Kindern waren auf Usedom, die Strassen verstopft, ich lernte sogar den Begriff
des „Urlauberstaus“ kennen.
Noch nie
hatte ich Ferien praktisch nur unter „Eingeborenen“ verbracht, in all den Tagen
hörte ich einmal Französisch und sah je ein Auto mit belgischem und solothurnerischem
Kennzeichen. Ansonsten Menschen aus Sachsen, Thüringen, Neu-Brandenburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Berlin.
Freundliche
Menschen seitens der Gäste und der Tourismus-Angestellten, das Essen weit über
den Erwartungen lecker, das Wetter und die See rauh, aber Erholung stiftend.
Wir
logierten in einem ***Sterne-Hotel, weil in diesem die Bernsteintherme
untergebracht waren. Aufgrund der Kinderschar aber keine Chance, diese
einigermassen in Ruhe zu besuchen. Viel Zeit also, um sich die Gegend anzuschauen,
aber auch die Menschen. Teilweise hatten wir den Eindruck, die Zeit wäre stehen
geblieben: Textilien, vor allem aber auch Schuhe, Haarschnitte – Jahre, wenn
nicht Jahrzehnte vor unserer westlichen Zeitrechnung. Auch die Haut vieler
Urlauber deutete nicht eben auf qualitativ hochstehende Pflegeprodukte. Noch
eine Prise mehr davon bei unserem Besuch in Polen, in Swinemünde, wo auch die
städtebauliche Infrastruktur nochmals anders war als im angrenzenden Osten
Deutschlands, in welchem die diesbezüglichen Investitionen deutlich sichtbar
sind.
Warum
schreibe ich dies? Die ranghöchste Deutsche Angela Merkel hat die Grenzen
geöffnet nach der Bitte an höhere Mächte mit dem Wortlaut: „Tischlein deck
dich!“ Offenbar scheint sie erhört worden zu sein, denn sie ruft alle an den
gedeckten Tisch mit den begleitenden Kommentaren „Gerade wir Deutsche“ und „Wir
schaffen das!“
„Gerade wir
Deutsche“ bürdet einer Generation junger Deutschen eine für sie längst
verjährte Kollektivschuld auf, für die sie nichts können. Für eine Zeit, für
welche sie von ihren Eltern oft keine Antworten erhalten haben. Für Griechenland
verlangte Merkel Austerität, nun plötzlich der Imagewandel zur vermeintlichen
Mutter Theresia Europas. Eine Mutter, die allerdings ihre sich selbst
angeeigneten Schutzbefohlenen gleich weiterreichen will an Länder, die diese
Image-Kampagne nicht mitmachen woll(t)en und auch keine Chance mehr haben, in
den Kreis der europäischen Gutmenschen aufgenommen zu werden. „Man sieht die im
Licht, die im Dunkeln sieht man nicht.“
„Wir
schaffen das!“ Fragt sich bloss wie? Was sollen Menschen, gerade im Osten Deutschlands
denken, die in Kitas vollberuflich Kinder betreuen und 1100 Euro im Monat
verdienen? Eine uns bekannte Altenpflegerin in Dresden, die nur dank Schichtzulage überhaupt auf über 1000
Euro monatlich kommt? Oder Menschen, die von 700 Euro Rente leben müssen?
Was sollen
junge Männer in den neuen Bundesländern denken, die innert weniger Jahre in
eine hochgeschwindigkeitsgeschwängerte Marktwirtschaft katapultiert wurden und,
teilweise durchaus aus eigenem Versagen, isoliert sind, teilweise aber auch sträflich
im Stich gelassen wurden von den Instanzen, die nun vorwiegend anderen jungen Männern
aus fremden Kulturkreisen bei ihrer Ankunft in Deutschland applaudieren? Junge
zornige Männer werden nicht mehr lange für andere junge Männer Spalier stehen.
Wer das verdrängt und verkennt, macht sich mitverantwortlich für brennende
Asylheime.
Durchschnittlichen
Bildungsbürgern kann man Not und Elend näherbringen, auch in ihrer Not. Aber
definitiv nicht, dass Menschen sich nur in Deutschland und Schweden, aber nicht
in Frankreich, Ungarn oder Dänemark registrieren lassen wollen.
Die NZZ am
Sonntag schrieb am 13.9.15: „“Nach zehn Tagen Schockstarre hat ausserdem die
bayrische CSU ihre Sprache wieder gefunden. Der frühere Bundesinnenminister
Hans-Peter Friedrich geisselte Merkels Entscheidung als eine ‚beispiellose
politische Fehlleistung’.“ Dem ist zuzustimmen, denn Deutschland mit der
Kanzlerin Merkel führt sich derzeit auf wie einst die dauerbekiffte
Hippiekolonie auf Goa. Love and peace und nach mir die Sinn(t)flut.
Merkel
kritisiert Viktor Orbans Grenzzaun. Dann wozu bitte wurden die massiven Zäune
und Verbauungen anlässlich des kürzlich stattgefundenen G7-Gipfels in Elmau
errichtet (Kostenpunkt für die innerste der inneren Sicherheiten geschätzte 350
Millionen Euro, viel mehr als die ganze EU bisher in die Camps in Jordanien,
Libanon und der Türkei investiert hat. Dem gegenüber stehen 6 Milliarden
von der Türkei)? Aber Mutti ist super!
Raten wir
doch mal, wer denn den nächsten Friedensnobelpreis erhalten dürfte? Ja. Ja, dann
ist Frau Merkel definitiv auf Augenhöhe mit Obama. Ihr „wir schaffen das!“
erinnert doch schwer an: „Yes, we can!“ Und mit einem anderen Träger des
Friedensnobelpreises: der europäischen Union. Die Union, die überschüssige
Landwirtschafts-Billigprodukte nach Afrika schickt, um den dortigen lokalen
Markt zu zerstören. Vor dem Import des Elends ist oft dessen Export.
© Dr. med.
Marco Caimi, Männerarzt