Es ist Weihnachten,
ich liege auf
dem Sofa
und mein
Magen ist
mit der
Verarbeitung der
Fondue-‐Chinoise-‐Orgie der letzten Nacht beschäftigt – zum
dritten Mal in folge.
Wieder kämpfte ich so tapfer beim Essen, dass am
Schluss kein Stück Fleisch mehr auf der Platte
war. Träge Scrollte ich ein wenig durch Netflix, damit ich mir mit einer Serie den Nachmittag versüssen konnte. Aus Zufall stosse ich auf die Reportage Fat, Sick and
Nearly Dead – eine
Dokumentation über einen Mann, der sich
60 Tage lang nur von Säften ernährt. Durch
diesen Wandel verlor
er nicht nur Gewicht,
sondern konnte auch seine
gesamten
Medikamente absetzen.
Wow, was für ein Typ. Das will ich
auch! Nicht unbedingt Gewicht verlieren (bin nicht so unzufrieden mit meinem
Körper), sondern das gesündere Leben und den Willen
ein solches Vorhaben umzusetzen. Voller Motivation Google
ich Testberichte von Entsaftern,
mache mir Ernährungspläne und informiere meine Freundin über meinen Plan.
Mein Ziel ist es, mich 14 Tage lang nur
von Säften und Suppen zu ernähren und Wasser zu trinken. Kein Espresso, Macchiato oder Chai Latte, keinen
Aperol am Freitag-‐Abend -‐ einfach zwei gesunde
Wochen. Als Startschuss wählte ich nicht
den 1.1., sondern
das erste Wochenende nach Silvester (es war ja kein Vorsatz für das neue Jahr,
sondern eine Idee, die
zufällig zu dieser Zeit
entstanden ist).
Schnell habe ich online ein paar Rezepte
gefunden inklusive Einkaufsliste – einfach und praktisch. Einen
Entsafter kaufte ich
ebenfalls
noch am selben Tag, sowie die Zutaten, die ich
auf der Einkaufsliste hatte. Ich bin bereit!
Noch immer
hoch motiviert, steckte
ich die ersten
Äpfel, Karotten und Zitronen in den
Entsafter. Es passiert beinahe von alleine und grenzt
fast an Magie, wie schnell die Zubereitung geht. Es ist Samstag, kurz vor Mittag.
Anstelle eines herzhaften Tellers mit Essen sass ich am Tisch
mit... Saft... komisch
aussehender Saft... die Menge war auch nicht berauschend. Wie soll ich das runterkriegen? Wie soll ich davon satt werden? Hat es
im Kühlschrank nicht noch ein Stück Fleisch,
welches ich dazu essen könnte?
Es ist doch nicht schlimm, wenn ich mit meinem Vorhaben
erst einen Tag später starte.
Vor allem, wer beginnt
den so was an einem Wochenende? An einem Wochenende, das doch für Erholung, den Genuss und steht
und nicht für... Saft.
So logisch
meine Argumente auch waren, den Start zu verlegen, so stark war aber auch mein
Wille, den inneren
Schweinehund zu besiegen. Also Augen zu und Saft runter.
Schmeckt nicht wirklich
so übel wie gedacht. Am Abend
hat mich meine
Freundin noch mit einer selbstgemachten
Gemüsesuppe verwöhnt -‐ der Start ist
gelungen.
Am
Sonntag habe ich einen neuen
Freund kennengelernt, den mich jetzt ein paar Tage
begleiten wird – Diarrhö. Damit die nächsten
Einträge nicht zu unappetitlich werden, nennen
wir diese
Aktivität doch neu Gitarre
spielen.
Also nach ein
paar Takten auf der Gitarre
konnte
mein Sonntag
starten. Frisch
gepresster Orangen-‐
Zitronensaft. Schmeckt lecker.
Kleiner Hinweis für mich: Die Zutaten in den
Kühlschrank legen, damit der Saft kalt
wird. Am Mittag gab es
eine Suppe und zum „Znacht“ einen grünen Saft. Diese Reihenfolge
der „Speisen“ behalte ich
von da an bei.
Am Montag kommt
die nächste Härteprobe – Neujahresauftakt in der Firma. Im Pausenraum wartet auch bereits
mein Kollege, mit dem ich mich regelmässig austausche – natürlich mit Espresso. Doch dieser ist ja
verboten. Also ein Wasser. Als sich der Pausenraum langsam füllt, wird jedem ein Glas mit Sekt ausgehändigt. Ebenfalls verboten. Also Wasser.
Das Glas nehme ich nur zum Anstossen. Nach einer kurzen Ansprache des Chefs ist das Buffet
eröffnet. Kleine belegte
Brötchen mit Mais, Fleisch
und Eier – so bunt, so lecker. Doch ihr ahnt es... VERBOTEN! Die Beute
der Verführung liegt, willig
von mir eingenommen zu werden,
vor mir. Soll ich nicht
eine Ausnahme machen? Nur eins, vielleicht auch zwei Brötchen
schlönen (nicht Mal Essen, nein ich schlöne es ja)?. Doch ich blieb hart, denn ich hatte ja
mein Wasser. Ödes und langweiliges Wasser. Die Suppe
zu Hause ist mein Lohn (juhui).
Der restliche
Tag lief wie ein wie ein normaler
Montag – nur in grün. In der
Nacht zum Dienstag konnte ich kaum noch liegen. Unglaubliche Rückenschmerzen. Beim Gitarren spielen konnte ich nicht
mehr richtig sitzen.
Aber wieso? Ich achte extra auf meine Körper und dieser bestraft
mich jetzt mit Schmerzen? Recherchen im Internet zeigen aber, dass Schmerzen in den ersten
Tagen auftauchen können.
Also weiter im Takt. Der kühle Orangen-‐ Zitronensaft heitert
mich wieder auf. Der restliche
Tag verlief ohne grosse Vorkommnisse. Suppe, Saft und einen
Apfel als Belohnung.
So unangenehm meine letzte Nacht auf Grund meines Rückens
war, so unangenehm war diese Nacht wegen meinen Träumen.
Ich habe erfahren,
dass Träume in einer solchen Phase intensiver werden, beinahe
real – und ja, das
stimmt! Es waren leider keine Träume mit
blonden Zwillingen in einem Jacuzzi,
nein, leider nicht.
Meine Träume handelten
alle davon, dass ich meine Diät betrügen würde.
Sei es mit einem Bissen
in eine Bratwurst oder den Schluck von einem Bier. Sobald
der Betrug in meinem Traum vollbracht wurde, wachte ich auf und musste mich wirklich hinterfragen – war das gerade real?
Als an diesem Morgen der Wecker
klingelte, konnte ich es nicht fassen. Wer hat mich ans
Bett gefesselt? Wer hat mir sämtliche Kraft aus dem Körper gesaugt?
Oder hat jemand die Schwerkraft verdoppelt? Völlig
kraftlos und ausgelaugt stehe ich auf. Zur Zeit könnte sogar meine kleine Cousine
mich vermöbeln und ich könnte
mich nicht wehren.
Es war ein weiter Weg zum WC – dort
angekommen spielte ich ein paar Akkorde von Hotel California.
Gesund leben macht ja so
Spass...!!!!!
Mehr oder weniger ereignislos brachte ich den Tag hinter
mich. Persönliches Befinden: Schlecht und schnell gereizt.
Meine Freundin schlägt vor, ich soll doch ein paar Medikamente nehmen. Auch das wäre ein Verrat an meinem Eingeständnis zwei Wochen gesund
zu leben – und wenn ich schon schwach werde,
dann sicher nicht mit Medikamenten, sondern
lieber mit einem
Teller Pasta. Um den Abend
zu krönen, schmetterte ich noch ein Solo von Metallica hin. Meine arme Gitarre war bereits so viele
Male gespielt worden, dass es Abnutzungserscheinungen gab. Schnell ins Bett, den Tag
vergessen und hoffen, dass es besser wird. Und siehe da,
die Nacht und der nächste Morgen waren bereits viel besser! In der
Nacht habe ich noch immer davon geträumt, meine (zweiwöchige) Lebensweise zu betrügen, doch ich bin davon höchstens
noch zweimal aufgewacht. Bei meiner morgendlichen Rasur bemerkte ich etwas... Mein Gesicht wurde reiner. Nicht,
dass es zuvor einer Pizza glich,
aber ein paar Mitesser weniger um die
Nase hätte mich überhaupt nicht
ge-stört. Kann es sein? Sind das erste
positive Auswirkungen? Ein Licht-blick im Tunnel, der nicht den Tod bedeutet?
Voller Neugier stehe ich auf die Waage und
WOW – 2 Kilo weniger. Voller Stolz beendete ich meine
Rasur oben ohne vor dem Spiegel. Die positiven Gefühle
von diesem Morgen konnte ich den ganzen Tag beibehalten. Am Abend
habe ich gemerkt,
dass ich Fenchel sehr gern esse, aber auf keinen
Fall trinken will – schnell mit Wasser nachspülen.
Donnerstag war ebenfalls ein guter Tag. Die Beschwerden nehmen ab, die Gitarre
bleibt auch den ganzen Tag unbenutzt.
Die Nächte
sind wieder erholsam, das Aufstehen sogar
ohne Beschwerden. Die Haut wirkt gesund, das Gewicht fällt und
die Energie steigt. So kann das doch gerne weitergehen.
Zum Mittagessen gibt es eine Paprikasuppe und am
Abend sogar Backbananen-‐Chips als Belohnung für eine Woche voller
Höhen und Tiefen.
Samstag Morgen ist wie immer Tennisstunde, doch zuerst ein Apfel-‐Birnen-‐Zimtsaft.
Auch mit der gesunden Ernährung landeten wieder viel zu viele Bälle im Netz. Rote Beete und Spinat sind halt auch kein Wundermittel. Am Mittag meine neue Lieblingssuppe – Paprika und Zwiebeln. Heute
ist übrigens ein herrlich warmer
Tag dank Fön, wir haben 15 Grad. Trotzdem finde ich den Vorschlag meiner
Freundin, einen Frühlingsputz zu starten,
völlig unpassend. Da meine Stimme nur zur Hälfte mitstimmt, habe wir
diesen dann auch gestartet. Nach einer kurzen
Zeit verstehe ich plötzlich den Sinn hinter
dem ganzen. Gift aus dem Körper und Ramsch aus der Wohnung.
Sehr befreiend. Wieder haben wir uns eine Belohnung verdient – Maniok-‐Chips. Was bitte
ist Maniok? Weiss
ich auch nicht so genau –
schmeckt aber lecker.
Da ich während den Feiertagen keine Lust und danach zu starke Schmerzen im Rücken hatte, ging ich heute seit langen
wieder ins Fitness-Studio. Die Gewichte waren erbarmungslos,
bei den meisten Maschinen schaffte
ich acht, höchstens
neun Wiederholungen. Nach einem Blutorangensaft packte mich der Frühlingsputz nochmals. Im Büro habe ich
sämtliche Schränke aufgeräumt, und die Bücherwand rausgeputzt. Das Befreien
von unnötigem Ballast ist keine mühsame
Pflicht, sondern eine schöne Aufgabe
geworden. Mein neues Ziel:
In diesen zwei Wochen auch die gesamte
Wohnung entrümpeln. Beim Versuch TV zu schauen
bin ich dann eingeschlafen.
Diese ganze Aktion schreibt
sich in letzter Zeit leichter, als sie wirklich
ist! Heute war zum
Beispiel ein wichtiger
Tag. Die Verkaufszahlen 2014 wurden publiziert. Die Ziele wurden nicht
nur erreicht, sondern
sogar übertroffen. Normalerweise ein Grund, ein üppiges Mittagessen einzunehmen (als Belohnung). Doch was gab es
stattdessen als Belohnung... Saft... Karotten-‐Gurken-‐Rotebeete-‐Saft...
Naja... runter damit. Ebenfalls Mühe bereitet
mir, dass ich nicht einfach
an den Kühlschrank gehen kann
und ein Stück Fleisch, Käse oder ein Joghurt
„schlönen“ kann. Meine Snacks
heissen Gurke, Tomaten oder Karotten. Seit
Ewigkeiten habe ich kein Snickers
mehr gegessen. Doch heute war die
Lust danach am Nachmittag so stark, dass ich es mit einem
Liter Wasser ersticken musste. Nach der Arbeit
gab es eine Suppe
und Fussballtraining.
Am Morgen bin ich langsam
sehr kreativ – Orangen, Zitronen, Grapefruit und Blut-orangen verarbeite ich zu genialen Säften.
Eigentlich zählt der Morgen,
seit ich gesund lebe, zu meiner
Lieblingszeit (und das als Morgenmuffel). Heute ist der Geburtstag von meinem Onkel.
Wir sind also eingeladen am Abend
zu Essen und Trinken. Das Leben, dass ich zwei Wochen lang lebe, ist wirklich nicht gesell-schaftsfähig.
Werde (wenn ich stark bleibe) also nur dort sitzen mit meinem Wasser.
Einen Saft nehme ich lieber nicht mit, da dies nur zu Diskussionen führen wird. Mein Vorhaben
habe ich sowieso geheim gehalten.
Eine Hand voll Menschen ist eingeweiht. Mich nerven
Leute, die allen erzählen wie gesund sie jetzt leben und was alles falsch
ist an der gängigen Ernährung... Ich mache das für mich und teile
mit diesem Schreiben einfach meine Erfahrungen. So zurück zu meinem Tag. Am
Mittag gibt es eine gehörige
Portion Eisen – und zwar Eisen an
den Fitnessgeräten. Nach der Arbeit
stand eine weitere Herausforderung auf dem Programm
– mein Onkel hat Geburtstag. Das breite Angebot meiner Möglichkeiten hat mich beinahe etwas überfordert. Ich konnte
zwischen zweier erlaubten Alternativen wählen: Wasser mit oder Wasser
ohne Kohlensäure. Da es ja ein Fest war und da ich
mitfeiern wollte habe, ich mich natürlich für die zweite
Variante entschieden. Die Kuchen,
die auf dem Tisch aufgebaut waren, lächelten mich so
verführerisch an – doch ich blieb hart. Meine Belohnung? Ein schönes akustisches Lied auf meiner Gitarre
als ich nach Hause kam.
Am Mittwoch hatte ich den ganzen Morgen
Sitzung – ohne Kaffee oder Gebäck.
Auch nicht ganz einfach.
Zum Mittag gab es
eine Rote-‐Beete-‐Suppe. Seit einigen Tagen mache
ich täglich Sport. Habe ich mir das vorgenommen? Nein überhaupt nicht.
Irgendwie möchte das mein Körper und er kann auch
meinen Kopf davon überzeugen. Es schein,
als ob dem inneren Schweinehund die flüssigen Fenchel,
Rote Beete und Selleries zu eklig
wären und er aus diesem
Grund ausgezogen ist. So auch heute – Fussball am Abend.
Das einzige erschütternde an diesem
Tag war die Bekanntgabe der SNB, dass die
Eurogrenze aufgehoben wird.
Mein Tag war ohne Erwähnenswertes. Suppe, Saft
und lauter gesundes Zeug. Meine Vorfreude über das Wochenende ist enorm – plane bereits die Mahlzeiten. Samstag darf ich das erste Mal
wieder essen, was ich will.
Nach zwei Wochen ist heute wirklich der letzte Tag. Unzählige Säfte, Suppen und Gitarrensolos haben meine letzte
Zeit geprägt. Also nochmals los! Orangen-‐ Zitronensaft zum Start
(denke das werde ich auch beibehalten). Zum Zmittag eine Paprika-‐Suppe. Langsam habe ich das Gefühl, dass ich den Dreh raus habe. Morgen Mittag
habe ich mich bei meine Schwiegermutter angemeldet – dort gibt es
sicher einen Braten
(oder auf jeden Fall etwas mit Fleisch). Zum Abendessen gibt es einen Spinat-‐Orangen-‐ Bananen-‐Gurken-‐Apfel Saft (war wirklich super
lecker).
Diese zwei Wochen sind wirklich schnell
vorbei – ich fühle
mich gesünder, meine Haut
strahlt (im positiven Sinne) und ich habe Gewicht verloren.
Gesund leben macht wirklich Spass. Habe bereits
einen weiteren Entschluss gefasst... Diese zwei Wochen waren
nicht die letzten
zwei Wochen.
Der Geist ist denselben Gesetzen unterworfen wie der Körper:
beide können sich nur durch beständige Nahrung erhalten.
PS:
Wer sich mir anschliessen möchte oder
Erfahrungen und Rezepte
austauschen möchte darf mir gerne schreiben: