Dienstag, 20. Januar 2015

ZWEI WOCHEN IN GRÜN (ROT UND GELB)


Es ist Weihnachten, ich liege auf dem Sofa und mein Magen ist mit der Verarbeitung der FondueChinoiseOrgie der letzten Nacht beschäftigt – zum dritten Mal in folge. Wieder kämpfte ich so tapfer beim Essen, dass am Schluss kein Stück Fleisch mehr auf der Platte war. Träge Scrollte ich ein wenig durch Netflix, damit ich mir mit einer Serie den Nachmittag versüssen konnte. Aus Zufall stosse ich auf die Reportage Fat, Sick and Nearly Dead – eine Dokumentation über einen Mann, der sich 60 Tage lang nur von Säften ernährt. Durch diesen Wandel verlor er nicht nur Gewicht, sondern konnte auch seine gesamten Medikamente absetzen.

Wow, was für ein Typ. Das will ich auch! Nicht unbedingt Gewicht verlieren (bin nicht so unzufrieden mit meinem Körper), sondern das gesündere Leben und den Willen ein solches Vorhaben umzusetzen. Voller Motivation Google ich Testberichte von Entsaftern, mache mir Ernährungspläne und informiere meine Freundin über meinen Plan. Mein Ziel ist es, mich 14 Tage lang nur von Säften und Suppen zu ernähren und Wasser zu trinken. Kein Espresso, Macchiato oder Chai Latte, keinen Aperol am FreitagAbend    einfach zwei gesunde Wochen. Als Startschuss wählte ich nicht den 1.1., sondern das erste Wochenende nach Silvester (es war ja kein Vorsatz für das neue Jahr, sondern eine Idee, die zufällig zu dieser Zeit entstanden ist).

Schnell habe ich online ein paar Rezepte gefunden inklusive Einkaufsliste einfach und praktisch. Einen Entsafter kaufte ich ebenfalls noch am selben Tag, sowie die Zutaten, die ich auf der Einkaufsliste hatte. Ich bin bereit!

Noch immer hoch motiviert, steckte ich die ersten Äpfel, Karotten und Zitronen in den Entsafter. Es passiert beinahe von alleine und grenzt fast an Magie, wie schnell die Zubereitung geht. Es ist Samstag, kurz vor Mittag. Anstelle eines herzhaften Tellers mit Essen sass ich am Tisch mit... Saft... komisch aussehender Saft... die Menge war auch nicht berauschend. Wie soll ich das runterkriegen? Wie soll ich davon satt werden? Hat es im Kühlschrank nicht noch ein Stück Fleisch, welches ich dazu essen könnte? Es ist doch nicht schlimm, wenn ich mit meinem Vorhaben erst einen Tag später starte. Vor allem, wer beginnt den so was an einem Wochenende? An einem Wochenende, das doch für Erholung, den Genuss und steht und nicht r... Saft.

So logisch meine Argumente auch waren, den Start zu verlegen, so stark war aber auch mein Wille, den inneren Schweinehund zu besiegen. Also Augen zu und Saft runter. Schmeckt nicht wirklich so übel wie gedacht. Am Abend hat mich meine Freundin noch mit einer selbstgemachten Gesesuppe verwöhnt der Start ist gelungen.

Am Sonntag habe ich einen neuen Freund kennengelernt, den mich jetzt ein paar Tage begleiten wird – Diarrhö. Damit die nächsten Einträge nicht zu unappetitlich werden, nennen wir diese Aktivität doch neu Gitarre spielen.

Also nach ein paar Takten auf der Gitarre konnte mein Sonntag starten. Frisch gepresster Orangen Zitronensaft. Schmeckt lecker. Kleiner Hinweis für mich: Die Zutaten in den Kühlschrank legen, damit der Saft kalt wird. Am Mittag gab es eine Suppe und zumZnacht“ einen grünen Saft. Diese Reihenfolge der „Speisen“  behalte ich von da an bei.

Am Montag kommt die nächste Härteprobe – Neujahresauftakt in der Firma. Im Pausenraum wartet auch bereits mein Kollege, mit dem ich mich regelmässig austausche – natürlich mit Espresso. Doch dieser ist ja verboten. Also ein Wasser. Als sich der Pausenraum langsam füllt, wird jedem ein Glas mit Sekt ausgehändigt. Ebenfalls verboten. Also Wasser. Das Glas nehme ich nur zum Anstossen. Nach einer kurzen Ansprache des Chefs ist das Buffet eröffnet. Kleine belegte Brötchen mit Mais, Fleisch und Eier – so bunt, so lecker. Doch ihr ahnt es... VERBOTEN! Die Beute der Verführung liegt, willig von mir eingenommen zu werden, vor mir. Soll ich nicht eine Ausnahme machen? Nur eins, vielleicht auch zwei Brötchen schlönen (nicht Mal Essen, nein ich schlöne es ja)?. Doch ich blieb hart, denn ich hatte ja mein Wasser. Ödes und langweiliges Wasser. Die Suppe zu Hause ist mein Lohn (juhui).

Der restliche Tag lief wie ein wie ein normaler Montag – nur in grün. In der Nacht zum Dienstag konnte ich kaum noch liegen. Unglaubliche Rückenschmerzen. Beim Gitarren spielen konnte ich nicht mehr richtig sitzen. Aber wieso? Ich achte extra auf meine Körper und dieser bestraft mich jetzt mit Schmerzen? Recherchen im Internet zeigen aber, dass Schmerzen in den ersten Tagen auftauchen können. Also weiter im Takt. Der kühle Orangen Zitronensaft heitert mich wieder auf. Der restliche Tag verlief ohne grosse Vorkommnisse. Suppe, Saft und einen Apfel als Belohnung.

So unangenehm meine letzte Nacht auf Grund meines Rückens war, so unangenehm war diese Nacht wegen meinen Träumen. Ich habe erfahren, dass Träume in einer solchen Phase intensiver werden, beinahe real – und ja, das stimmt! Es waren leider keine Träume mit blonden Zwillingen in einem Jacuzzi, nein, leider nicht. Meine Träume handelten alle davon, dass ich meine Diät betrügen würde. Sei es mit einem Bissen in eine Bratwurst oder den Schluck von einem Bier. Sobald der Betrug in meinem Traum vollbracht wurde, wachte ich auf und musste mich wirklich hinterfragen – war das gerade real?

Als an diesem Morgen der Wecker klingelte, konnte ich es nicht fassen. Wer hat mich ans Bett gefesselt? Wer hat mir sämtliche Kraft aus dem Körper gesaugt? Oder hat jemand die Schwerkraft verdoppelt? Völlig kraftlos und ausgelaugt stehe ich auf. Zur Zeit könnte sogar meine kleine Cousine mich vermöbeln und ich könnte mich nicht wehren. Es war ein weiter Weg zum WC – dort angekommen spielte ich ein paar Akkorde von Hotel California.



Gesund leben macht ja so Spass...!!!!!

Mehr oder weniger ereignislos brachte ich den Tag hinter mich. Persönliches Befinden: Schlecht und schnell gereizt. Meine Freundin schlägt vor, ich soll doch ein paar Medikamente nehmen. Auch das wäre ein Verrat an meinem Eingeständnis zwei Wochen gesund zu leben – und wenn ich schon schwach werde, dann sicher nicht mit Medikamenten, sondern lieber mit einem Teller Pasta. Um den Abend zu krönen, schmetterte ich noch ein Solo von Metallica hin. Meine arme Gitarre war bereits so viele Male gespielt worden, dass es Abnutzungserscheinungen gab. Schnell ins Bett, den Tag vergessen und hoffen, dass es besser wird. Und siehe da, die Nacht und der nächste Morgen waren bereits viel besser! In der Nacht habe ich noch immer davon geträumt, meine (zweiwöchige) Lebensweise zu betrügen, doch ich bin davon höchstens noch zweimal aufgewacht. Bei meiner morgendlichen Rasur bemerkte ich etwas... Mein Gesicht wurde reiner. Nicht, dass es zuvor einer Pizza glich, aber ein paar Mitesser weniger um die Nase hätte mich überhaupt nicht ge-stört. Kann es sein? Sind das erste positive Auswirkungen? Ein Licht-blick im Tunnel, der nicht den Tod bedeutet? Voller Neugier stehe ich auf die Waage und WOW – 2 Kilo weniger. Voller Stolz beendete ich meine Rasur oben ohne vor dem Spiegel. Die positiven Gefühle von diesem Morgen konnte ich den ganzen Tag beibehalten. Am Abend habe ich gemerkt, dass ich Fenchel sehr gern esse, aber auf keinen Fall trinken will – schnell mit Wasser nachspülen.

Donnerstag war ebenfalls ein guter Tag. Die Beschwerden nehmen ab, die Gitarre bleibt auch den ganzen Tag unbenutzt.

Die Nächte sind wieder erholsam, das Aufstehen sogar ohne Beschwerden. Die Haut wirkt gesund, das Gewicht fällt und die Energie steigt. So kann das doch gerne weitergehen. Zum Mittagessen gibt es eine Paprikasuppe und am Abend sogar BackbananenChips als Belohnung für eine Woche voller Höhen und Tiefen.

Samstag  Morgen ist wie immer Tennisstunde, doch zuerst ein ApfelBirnenZimtsaft. Auch mit der gesunden Ernährung landeten wieder viel zu viele Bälle im Netz. Rote Beete und Spinat sind halt auch kein Wundermittel. Am Mittag meine neue Lieblingssuppe – Paprika und Zwiebeln. Heute ist übrigens ein herrlich warmer Tag dank Fön, wir haben 15 Grad. Trotzdem finde ich den Vorschlag meiner Freundin, einen Frühlingsputz zu starten, völlig unpassend. Da meine Stimme nur zur Hälfte mitstimmt, habe wir diesen dann auch gestartet. Nach einer kurzen Zeit verstehe ich plötzlich den Sinn hinter dem ganzen. Gift aus dem Körper und Ramsch aus der Wohnung. Sehr befreiend. Wieder haben wir uns eine Belohnung verdient – ManiokChips. Was bitte ist Maniok? Weiss ich auch nicht so genau – schmeckt aber lecker.

Da ich während den Feiertagen keine Lust und danach zu starke Schmerzen im Rücken hatte, ging ich heute seit langen wieder ins Fitness-Studio. Die Gewichte waren erbarmungslos, bei den meisten Maschinen schaffte ich acht, höchstens neun Wiederholungen. Nach einem Blutorangensaft packte mich der Frühlingsputz nochmals. Im Büro habe ich sämtliche Schränke aufgeräumt, und die Bücherwand rausgeputzt. Das Befreien von unnötigem Ballast ist keine mühsame Pflicht, sondern eine schöne Aufgabe geworden. Mein neues Ziel: In diesen zwei Wochen auch die gesamte Wohnung entrümpeln. Beim Versuch TV zu schauen bin ich dann eingeschlafen.

Diese ganze Aktion schreibt sich in letzter Zeit leichter, als sie wirklich ist! Heute war zum Beispiel ein wichtiger Tag. Die Verkaufszahlen 2014 wurden publiziert. Die Ziele wurden nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen. Normalerweise ein Grund, ein üppiges Mittagessen einzunehmen (als Belohnung). Doch was gab es stattdessen als Belohnung... Saft... KarottenGurkenRotebeeteSaft... Naja... runter damit. Ebenfalls Mühe bereitet mir, dass ich nicht einfach an den Kühlschrank gehen kann und ein Stück Fleisch, Käse oder ein Joghurt „schlönen“ kann. Meine Snacks heissen Gurke, Tomaten oder Karotten. Seit Ewigkeiten habe ich kein Snickers mehr gegessen. Doch heute war die Lust danach am Nachmittag so stark, dass ich es mit einem Liter Wasser ersticken musste. Nach der Arbeit gab es eine Suppe und Fussballtraining.

Am Morgen bin ich langsam sehr kreativ – Orangen, Zitronen, Grapefruit und Blut-orangen verarbeite ich zu genialen Säften. Eigentlich zählt der Morgen, seit ich gesund lebe, zu meiner Lieblingszeit (und das als Morgenmuffel). Heute ist der Geburtstag von meinem Onkel. Wir sind also eingeladen am Abend zu Essen und Trinken. Das Leben, dass ich zwei Wochen lang lebe, ist wirklich nicht gesell-schaftsfähig.

Werde (wenn ich stark bleibe) also nur dort sitzen mit meinem Wasser. Einen Saft nehme ich lieber nicht mit, da dies nur zu Diskussionen führen wird. Mein Vorhaben habe ich sowieso geheim gehalten. Eine Hand voll Menschen ist eingeweiht. Mich nerven Leute, die allen erzählen wie gesund sie jetzt leben und was alles falsch ist an der gängigen Ernährung... Ich mache das für mich und teile mit diesem Schreiben einfach meine Erfahrungen. So zurück zu meinem Tag. Am Mittag gibt es eine gehörige Portion Eisen – und zwar Eisen an den Fitnessgeräten. Nach der Arbeit stand eine weitere Herausforderung auf dem Programm – mein Onkel hat Geburtstag. Das breite Angebot meiner Möglichkeiten hat mich beinahe etwas überfordert. Ich konnte zwischen zweier erlaubten Alternativen wählen: Wasser mit oder Wasser ohne Kohlensäure. Da es ja ein Fest war und da ich mitfeiern wollte habe, ich mich natürlich für die zweite Variante entschieden. Die Kuchen, die auf dem Tisch aufgebaut waren, lächelten mich so verführerisch an – doch ich blieb hart. Meine Belohnung? Ein schönes akustisches Lied auf meiner Gitarre als ich nach Hause kam.

Am Mittwoch hatte ich den ganzen Morgen Sitzung – ohne Kaffee oder Gebäck. Auch nicht ganz einfach. Zum Mittag gab es eine RoteBeeteSuppe. Seit einigen Tagen mache ich täglich Sport. Habe ich mir das vorgenommen? Nein überhaupt nicht. Irgendwie möchte das mein Körper und er kann auch meinen Kopf davon überzeugen. Es schein, als ob dem inneren Schweinehund die flüssigen Fenchel, Rote Beete und Selleries zu eklig wären und er aus diesem Grund ausgezogen ist. So auch heute – Fussball am Abend.

Das einzige erschütternde an diesem Tag war die Bekanntgabe der SNB, dass die Eurogrenze aufgehoben wird. Mein Tag war ohne Erwähnenswertes. Suppe, Saft und lauter gesundes Zeug. Meine Vorfreude über das Wochenende ist enorm – plane bereits die Mahlzeiten. Samstag darf ich das erste Mal wieder essen, was ich will.

Nach zwei Wochen ist heute wirklich der letzte Tag. Unzählige Säfte, Suppen und Gitarrensolos haben meine letzte Zeit geprägt. Also nochmals los! Orangen Zitronensaft zum Start (denke das werde ich auch beibehalten). Zum Zmittag eine PaprikaSuppe. Langsam habe ich das Gefühl, dass ich den Dreh raus habe. Morgen Mittag habe ich mich bei meine Schwiegermutter angemeldet – dort gibt es sicher einen Braten (oder auf jeden Fall etwas mit Fleisch). Zum Abendessen gibt es einen SpinatOrangen BananenGurkenApfel Saft (war wirklich super lecker).
Diese zwei Wochen sind wirklich schnell vorbei – ich fühle mich gesünder, meine Haut strahlt (im positiven Sinne) und ich habe Gewicht verloren. Gesund leben macht wirklich Spass. Habe bereits einen weiteren Entschluss gefasst... Diese zwei Wochen waren nicht die letzten zwei Wochen.

Der Geist ist denselben Gesetzen unterworfen wie der Körper: beide können sich nur durch beständige Nahrung erhalten.

PS: Wer sich mir anschliessen möchte oder Erfahrungen und Rezepte austauschen möchte darf mir gerne schreiben: